Sonntag, 29. Dezember 2024

Rokokotheater Schwetzingen: Kusser - Adonis, 28.12.2024

Die barocken Winterfestspiele der Heidelberger Oper im Schwetzinger Rokokotheater haben in den letzten Jahren die wenig bekannte deutschsprachige Barockoper im Fokus, mit Adonis gelingt eine kurzweilige Inszenierung.

Samstag, 28. Dezember 2024

Smyth - The Wreckers, 27.12.2024

The Wreckers ist zu einem sehr schönen Erfolg für die Karlsruher Oper geworden. Die gestrige Vorstellung (ursprünglich als letzte angekündigt, doch nach einem vorherigen Vorstellungsausfall soll es noch eine weitere Aufführung 2025 geben, die noch nicht angesetzt ist) war ausverkauft. Und das muß man nach wenigen Monaten der neuen Intendanz und Operndirektion ausdrücklich hervorheben: das Publikum kommt wieder zurück! Wo Enttäuschungen und Skepsis lange Jahre nicht wenige abhielten, scheint sich die Normalisierung doch relativ schnell wiedereinzustellen. 

Sonntag, 8. Dezember 2024

Strauß - Die Fledermaus, 07.12.2024

Heute ist mehr Lametta
Gute Vorstellungen nehmen die Zuschauer bekanntlich auf eine Reise mit, bei der Ankommen und Unterwegssein dasselbe sind. Das werden vielleicht gestern insbesondere die Zuschauer so empfunden haben, die Die Fledermaus kennen und über die Jahre schon öfters gehört und gesehen haben. In Karlsruhe hat man nun immerhin die dritte Fledermaus in weniger als 25 Jahren bzw. die vierte in vier Jahrzehnten. Pavel Fiebers Inszenierung 2001/2002 war so beliebt und unterhaltsam wie das Regie-Elend vor elf Jahren humorfrei und erfolglos. Gestern nun erzielte die Premiere der neuen Produktion einen schönen Publikumserfolg und indem man schnell musikalisch, sängerisch und szenisch präsent war und auf den Punkt kam, ermöglichte man den Zuschauern schon von Beginn an, anzukommen und sich insbesondere mit den grandiosen Sängern und Musikern zu freuen, die voller Engagement und Spielfreude erreichten, was lange Jahre nur selten gelang: ein lachendes und gut gelauntes Publikum. Bravo!

Freitag, 6. Dezember 2024

Doch kein Musical? Jekyll & Hyde entfällt.

Im Juli 2025 wollte man eigentlich Jekyll & Hyde als Übernahme einer anscheinend erfolgreichen Produktion aus Dortmund zeigen und packte dieses Musical sogar ins Opernpremieren-Abo. Nun gab das Badische Staatstheater lakonisch bekannt: 

Die angekündigte Produktion Jekyll & Hyde am Badischen Staatstheater entfällt aus Kostengründen. Die Entscheidung erfolgt aus Gründen der geltenden Sparmaßnahmen, vor allem mit Blick auf die Folgespielzeit. Für die beiden ursprünglich geplanten Termine am 12. und 13. Juli im Großen Haus wird eine neue Produktion für das Karlsruher Publikum angesetzt. Diese soll Anfang 2025 veröffentlicht werden und in den Vorverkauf gehen. 

Die Übernahme dieses Stücks scheint zu kostenintensiv. Mal sehen, was man nun als günstigere Neuproduktion ansetzt. Etwas, das aus dem Haus besetzt und ohne großen Aufwand in Szene gesetzt werden kann und auch Einnahmen durch Publikum bringt. Denn das Experiment Musical ist ja vor allem eines, um ein anderes/neues bzw. breiteres Publikum zu erreichen.

Sonntag, 17. November 2024

Leuchtfeuer (Ballett), 16.11.2024

Heterogene Dreifaltigkeit
Ein Handlungsballett als Uraufführung, eine deutsche Erstaufführung und eine Karlsruher Erstaufführung - der Ballettabend Leuchtfeuer bietet drei sehr unterschiedliche Choreographien. Da sollte für jeden etwas dabei sein, aber nicht alles ist unbedingt für jeden. Vom ballettliebenden Karlsruher Premierenpublikum gab es wie gewohnt viel Jubel und langen Applaus und wenn man an dieser zweiten Premiere der neuen Ballettdirektion etwas hervorheben mag, dann daß es Raimondo Rebeck und Kristína Paulin nicht nur in kurzer Zeit gelungen ist, eine Aufbruchsstimmung zu schaffen, sondern daß man insbesondere eine neue Karlsruher Kompagnie zusammengestellt hat, bei der man bereits viele individuelle und kollektive Stärken findet und auf deren weitere Entwicklung man sich freuen kann.

Dienstag, 12. November 2024

2. Symphoniekonzert, 11.11.2024

Das Außergewöhnliche am gestrigen 2. Symphoniekonzert war dessen Aktualität, zwei der drei Stücke waren zeitgenössische Werke von lebenden Komponisten, beide reizvoll, eines davon sogar durchaus kennenswert mit Repertoirepotential.

Donnerstag, 7. November 2024

Vorschau: Händel Festspiele 2025

Wer bereits Karten für die Händel Festspiele 2025 besitzt, der hat die Katze im Sack gekauft, denn vieles, darunter die Besetzung der neuen Opernproduktion von Händels beliebtem Rinaldo, war bisher nicht bekannt. Nun sind erste Besetzungen veröffentlicht und eine Neuerung angekündigt: zukünftig gibt es in Karlsruhe im Februar den Farinelli-Wettbewerb für Countertenöre. 

Montag, 4. November 2024

Brecht - Furcht und Elend des Dritten Reichs, 03.11.2024

Brecht als Orwell: exemplarisch statt episch
Stehende Ovationen, Bravo-Rufe und Jubel - diese Publikumsreaktionen lösten am Badischen Staatstheater zuletzt Oper und Ballett aus, bei denen Wechsel und Neustart gelungen ist und die von einer zuversichtlichen Stimmung profitieren. Ganz anders das Schauspiel, das diese Zuneigung des Publikums aktuell kaum zu spüren bekommt. Man hat auf den Umbruch verzichtet und Aufbruchstimmung war schon vorab nicht zu erwarten und hat sich bisher auch nicht eingestellt. Die ersten beiden Schauspielpremieren der Spielzeit waren dazu wenig begeisternd. Auch die dritte Premiere des neuen Schauspieldirektor Claus Caesar wird das Publikum zwar nicht in Scharen ins Theater locken, aber immerhin gelingt hier eine bemerkenswerte Brecht-Inszenierung, die das für Brecht untypische, nicht verfremdete oder episch wirkende Szenenwerk zu einem exemplarischen Stück über das Verstummen des Einzelnen im autoritären Staat macht. Caesar gelingt mit der Verpflichtung des russischen Regisseurs Timofey Kuljabin eine erste positive Überraschung. Bertolt Brecht (*1898 †1956) ging 1933 ins Exil, bis 1939 wohnte er in Dänemark, wo erste Texte von Furcht und Elend des Dritten Reiches entstand, eine Sammlung von kurzen Szenen mit unterschiedlichen Rollen, mit denen die gesellschaftliche Atmosphäre im nationalsozialistischen Deutschland beschrieben werden sollte. Aufgrund fehlender eigener Anschauung war Brecht auf Berichte und Erzählungen Dritter angewiesen. Doch durch Brechts Distanz erhielten die Szenen eine diktaturübergreifende Prägnanz, die den Text ebenso zur allgemeinen Vorlage für psychologische Mechanismen in jeder Diktatur macht. Brecht schafft hier unbeabsichtigt exemplarisches Theater, das in die Gegenwart aktueller Diktaturen geholt werden kann. Eine Aktualität, die sich die Karlsruher Inszenierung zunutze macht. Die Inszenierung "schlägt einen Bogen von lauter Propaganda hin zum Verstummen und fokussiert auf die unheimliche Gegenwärtigkeit des Brecht‘schen Stoffs." Und diese Aktualisierung ist gelungen und hat durchaus sogar Anknüpfungspunkte für die bundesdeutsche Realität. Denn angesichts einer Bundesregierung, die wieder Journalisten (erfolglos) verklagt, die Denunziationsportale finanziert, die mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein Vorbild für autoritäre Staaten geschaffen hat und der Bundesnetzagentur eine Funktion überträgt, die zur Zensur mißbraucht werden kann, ist ein Theaterstück gegen autoritäre Politik und gegen die Beschränkung der Meinungs- und Redefreiheit gerade wieder akut dringend nötig.

Mascagni - Cavalleria Rusticana, Leoncavallo - Pagliacci, 03.11.2024

Einige ließen sich die Gelegenheit zum Triptychon nicht entgehen, drei innerhalb eines Jahrzehnts (1890-1900) uraufgeführte Opern von drei italienischen Komponisten innerhalb von 24 Stunden am Badischen Staatstheater zu hören. Was für Orchester und Chor eher eine Strapaze war, war für das Publikum ein Genuß.

Sonntag, 3. November 2024

Puccini - Tosca, 02.11.2024

Man könnte nach der Wiederaufnahme von Tosca behaupten, daß das seit dieser Spielzeit neu in Karlsruhe agierende Team aus Intendant und Operndirektor in wenigen Wochen seit Spielzeitbeginn den Stimmungswechsel in der Oper bereits erfolgreich eingeleitet hat. Denn obwohl sich die Tosca-Inszenierung des Regisseurs John Dew aus dem Jahr 2000 der 100. Aufführungen nähert, also kaum jemand des opernaffinen Publikums in Karlsruhe und Umgebung diese Inszenierung noch nicht gesehen hat, war gestern fast ausverkauft, nur wenige Plätze in Randlage blieben leer.

Montag, 28. Oktober 2024

Mascagni - Cavalleria Rusticana, Leoncavallo - Pagliacci, 27.10.2024

Glutvoll und lodernd
Es war höchste Zeit, daß die beliebten Opernzwillinge auf die Karlsruher Opernbühne zurückkehren, wo sie zuletzt in den 1990er getrennt inszeniert wurden. Beide Opern handeln von Liebe, Ehebruch, Eifersucht und Totschlag und die Inszenierung verbindet die beiden Einakter zu einer Oper mit zwei Handlungen, die am gleichen Tag im gleichen Ort spielen: "Das Dorf Vizzini südlich von Catania, Piazzetta S. Teresa, 21. April 1946, Ostersonntag".  Das Resultat ist gelungen, szenisch spannend sowie musikalisch und sängerisch emotionsstark - immer wieder ergeben sich mitreißende dramatische Höhepunkte. Applaus und Jubel des Publikums waren langanhaltend.

Sonntag, 13. Oktober 2024

Donizetti - Don Pasquale, 12.10.2024

Vergnügtes Sängerfest
Wenn man Zweck und Mittel vertauscht, entsteht oft Zynismus. Im vergangenen Jahrzehnt wurden die Sänger oft zum Mittel reduziert zum Zwecke der Inszenierung und Selbstdarstellung von Regie und Intendanz. Beim neuen Don Pasquale ist die Inszenierung das Mittel zum Zweck von Musik und Gesang. Die Karlsruher Produktion von Donizettis gediegenem Klassiker ist als Buffa ganz aus dem Geiste der Musik inszeniert und ein Sängerfest für ein bemerkenswert auftrumpfendes Quartett. Die gelungene Premiere wurde mit viel Applaus für alle Beteiligten belohnt.

Dienstag, 8. Oktober 2024

1. Symphoniekonzert, 07.10.2024

So unerbittlich prasselte der Regen gestern Abend in Karlsruhe, daß man sein Echo über die Lüftungsanlage des Großen Hauses in stillen Konzertmomenten wahrnehmen konnte. Doch das hiesige Konzertpublikum ist bekanntlich treu, überraschend wenige verkaufte Plätze blieben zum verregneten Start der Konzertsaison leer. In einer visuell überfrachteten Welt verlieren viele die Fähigkeit zum Zuhören und zur Konzentration auf die eigene Wahrnehmung. Die Konzerte der Badischen Staatskapelle sind zur inneren Fokussierung das richtige Gegenmittel, eine Klangoase, die man nicht so einfach wieder aufgibt, auch wenn das gestrige Symphoniekonzert nicht wirklich Begeisterung auslöste.

Montag, 7. Oktober 2024

Tanzkraftwerk, 06.10.2024

Mitreißender Einstand 
Ein wichtiger Hinweis vorab: der Vorstell- und Kennenlern-Ballettabend Tanzkraftwerk wird nur noch dreimal aufgeführt (und zwar am 11., 20. und 26. Oktober)  - und das sollte man sich nicht entgehen lassen!  Hier wird die Vorfreude auf die kommende Spielzeit so erfolgreich geschürt, daß es am Ende der Premiere stehende Ovationen und lautstarken Jubel für die neue Kompagnie und das Leitungsteam gab. Zehn Choreographien sind zu sehen, darunter jeweils drei von Kristina Paulin, die als neue Hauschoreographin eine besondere Rolle einnimmt, sowie vom neuen Ballettdirektor Raimondo Rebeck. Und den abschließenden Boléro von Maurice Ravel, mitreißend getanzt von allen 30 Tänzern des Badischen Staatsballetts, sollte man schon gar nicht verpassen. 

Sonntag, 6. Oktober 2024

Kafka - Der Prozeß, 05.10.2024

Kafka als Pflichtthema
Franz Kafka (*1883 †1924) hat kein Theaterstück geschrieben, dennoch ist er in diesem Jahr anläßlich seines 100. Todestags einer der meist aufgeführten Bühnenautoren. Die Erzählung Die Verwandlung sowie die Romane Das Schloß und Der Prozeß scheinen bei Theatermachern in diesem Jahr besonders beliebt und es stellt sich die Frage, wie Kafka heute wahrgenommen wird und zu was er inspiriert. In Karlsruhe hinterließ Der Prozeß gestern im Studio allerdings einen faden Nachgeschmack, als hätte man sich eher einer Pflichtaufgabe entledigt, statt einer Inspiration Ausdruck zu geben. Kein großer Wurf, ordentliches Handwerk, dafür aber motivierte Schauspieler. Der Applaus war rasch enden wollend.

Montag, 30. September 2024

Smyth - The Wreckers, 29.09.2024

Spannend, mitreißend und umjubelt
Es hatte sich ja bereits abgezeichnet, daß das Herzblut des neuen Intendanten Christian Firmbach der größten Sparte gehört und die Ära der falschen Wertigkeiten nun endgültig vorbei sein sollte. Die gestrige erste Opernpremiere des neuen Operndirektor Christoph von Bernuth war mit Spannung erwartet und endete als voller Erfolg mit mitreißender sängerischer und orchestraler Leistung und einer gelungenen Inszenierung, die aus Ethel Smyths vergessener Oper The Wreckers einen spannenden Thriller macht.

Sonntag, 29. September 2024

Stockmann - Die rote Mühle, 28.09.2024

Fehlstart mit grotesker Moralschmonzette
Die erste Premiere des neuen Schauspieldirektors Claus Caesar ist eine Uraufführung und wurde ambitioniert angekündigt. Es sollte ein großer Wurf werden, ein Konstrukt, das scheinbar Wichtiges verhandelt: die Rückkehr des Paternalismus, mit dem die postmaterialistische Welt von Innen verändert wird. Doch was ein Konzentrat sein müßte, entpuppte sich als dünner Aufguß einer ungewöhnlich schlichten Handlung, die wild zusammenkonstruiert, aber nur durch einen schwachen Faden verbunden ist. Was als ambivalent angekündigt war, bewegte sich im Ungefähren und Plakativen, Schlagworte endeten phrasenhaft, teilweise schön inszenatorisch verpackt, aber inwendig ohne Substanz. Die "Moral" der als Groteske inszenierten Handlung hätte man im Kindergarten erzählen können. Wären da nicht starke Schauspielerleistungen zu sehen gewesen, hätte es ein Fiasko gegeben. 

Montag, 16. September 2024

Eröffnungsgala mit dem neuen Opernensemble, 15.09.2024

Intendanz- und Saisonstart mit stehenden Ovationen
Ist der Spuk des letzten Jahrzehnts nun vorbei? Manch einer wird das Wochenende mit Theaterfest und Opernkonzert mit gemischten Gefühlen angegangen sein. Zulange waren unheilvolle Geister am Werk und ob diese so einfach verschwinden oder man gut daran tut, Räucherstäbchen anzuzünden, einen Schamanen mitzubringen oder doch gleich bei der katholischen Kirche einen Exorzismus anfragt, ist durchaus diskutabel. Doch unabhängig davon, ob nun höhere Mächte ihren Beitrag geleistet haben, hat es der neue Intendant Christian Firmbach am ersten Wochenende der Spielzeit geschafft, gute Geister zu bannen und die Gunst des Publikums zu erringen. Und als es dann am Ende eines freudvoll-unterhaltsamen Opernkonzerts auch noch stehenden Applaus im Publikum für die neuen Mitglieder des Opernensembles gab, wird sich bei einigen eine lange nicht mehr gespürte Vorfreude auf die kommende Opernsaison eingestellt haben. Der Spuk scheint vorbei zu sein.

Montag, 9. September 2024

Programm des Theaterfests 2024

Wenig Gespräche und Selbstdarstellungen, dafür sehr viele Führungen - die wahren Helden der Theaterfestarbeit sind Technische Abteilungen & Werkstätten sowie Kostüm & Maske, die jeweils 9 Gruppen in ca. 7 Stunden durch das Haus führen, immerhin mit kleiner Teilnahmegebühr, die wahrscheinlich nicht als Belohnung an die mitwirkenden Mitarbeiter ausgezahlt wird - so sieht das Programm des Theaterfests am 14.09.2024 aus:

Sonntag, 1. September 2024

Vorschau auf die Spielzeit 2024/2025 (2)

Fragezeichen zwischen Kontinuität und Aufbruch
Anna Bergmann scheint rückblickend ein Kassengift, ihre Sparte verlor im Vergleich zu anderen Sparten deutlich mehr Zuschauer. Und hätte es letzte Saison nicht Romeo und Julia im Großen Haus gegeben, durch das man quasi alle verfügbaren Abonnenten jagte, hätten sich die Zahlen eher wieder am Tiefstand der Spielzeit 2022/23 orientiert. Der neue Schauspieldirektor Claus Cäsar hat also viel Luft nach oben, doch wer gehofft hatte, daß es einen Neustart als Umbruch geben würde, der wurde enttäuscht. Cäsar wählte den scheinbar einfachen Weg. Da er zuvor nicht als Schauspieldirektor tätig war, konnte er nichts mitbringen, weder Ensemble noch Repertoire, und übernahm alle bleibewilligen Schauspieler und viele Inszenierungen der letzten Spielzeit. Auch programmatisch fällt Cäsar nicht auf, keine neuen Programmlinien, keine offensichtlich neuen Ideen (man denke nur an Knut Webers fulminante Downtown-Projekte vor 20 Jahren!), der Betrieb wird fortgesetzt, sechs Premieren im Kleinen Haus, drei im Studio, zwölf Wiederaufnahmen. Droht nun bleischwerer Stillstand? 

Mittwoch, 28. August 2024

Rückblick: Zuschauerstudie 2023

Das Theater der alten biodeutschen Frauen
Dem scheidenden Interimsintendanten Ulrich Peters scheint das Lob zu gebühren, das Badische Staatstheater nach den beiden Krisen (abgesetzter Intendant und Virusepidemie) nach innen und außen wieder in ruhiges Wasser gebracht zu haben, die Publikumszahlen stagnierten in der letzten Spielzeit auf niedrigem Niveau. Nach der Beendigung der Covid-Beschränkungen hatte das Theater einen Publikumsverlust von ca. 20% - womit man dem Bundestrend entsprach. Interessant ist, daß dieser Zuschauerschwund nicht pauschal war, sondern von Sparte zu Sparte unterschiedlich ausfiel. Das Konzertpublikum blieb treu und verringerte sich kaum, auch die Oper blieb stabil und verlor moderat. "Besonders betroffen sind Schauspiel (ca. -42 %) und Tanz (ca. -27 %)", so die letzte Publikumsstudie. Daß Anna Bergmann und Bridget Breiner ersetzt wurden, ist also eine Chance, wieder an Attraktivität zu gewinnen. Wer besucht eigentlich das Badische Staatstheater?

Donnerstag, 15. August 2024

R.I.P. Heiner Kondschak (*1955 †2024)

Die Karlsruher Auftritte von Heiner Kondschak zeichneten sich stets durch drei Qualitäten aus: Humor, Schlagfertigkeit und Musikalität. Der frühere Schauspieldirektor Knut Weber, der selber nicht so gerne auf der Bühne stand, brachte ihn 2002 nach Karlsruhe mit, wo Kondschak oft beim Theaterfest moderierte und durch das Abendprogramm führte, das Publikum unterhielt und zum Lachen brachte. Mit seinen langen Haaren und seinem struppigen Bart fiel er auf, Kondschak verpasste nicht, über sein Auftreten selber Witze zu machen - er war auf der Bühne ein Eisbrecher, der schnell den Draht zum Publikum herstellte. Kondschak war Musiker, schrieb Theaterstücke, konzipierte musikalische Abende und war an vielen Theatern tätig, am Badischen Staatstheater bspw. mit  Kaspars kurzer Traum vom Glück und Dylan – The times they are A-changin’ sowie Wann wenn nicht jetzt. Kondschak starb nun im Alter von 69 Jahren an Herzversagen und nicht wenige rund um Karlsruhe werden noch lange an ihn denken, denn die Abendveranstaltungen bei den Theaterfesten waren seitdem nie wieder so lustig und opulent wie mit ihm.

Mittwoch, 14. August 2024

Von den Freuden der Hochkulturwerte

Auf der Webseite der Zeitschrift Die deutsche Bühne ist ein Artikel über Christian Firmbachs Errungenschaften als Intendant in der "theaterbegeisterten Beamtenstadt" Oldenburg (2014 - 2024) erschienen. Der Autor schlägt einen leicht mißgünstigen Ton an, als ob er den offensichtlichen Publikumserfolg neidet, und schreibt leider zu pauschal, um fundiert zu wirken, aber es scheint ein Lob zu sein, wenn zu lesen ist: "Firmbach präsentierte sich von Beginn an als seriöser Freund alter Hochkulturwerte", wobei mit "alt" offensichtlich "wertig" gemeint ist, also qualitativ "gutes Handwerk". 

Samstag, 27. Juli 2024

R.I.P. Wolfgang Rihm (*1952 †2024)

"Ich gehe langsam aus der Welt heraus in eine Landschaft jenseits aller Ferne"
Der Krebs ist ein widerlicher Meuchler. Als im Januar 2017 die Hamburger Elbphilharmonie feierlich eröffnet wurde, hat man den Karlsruher Komponisten Wolfgang Rihm schon vermißt, das von ihm geschaffene Auftragswerk Reminiszenz - Triptychon und Spruch in memoriam Hans Henny Jahnn wurde ohne ihn uraufgeführt, der Kampf gegen die Erkrankung dauerte lang. 
Bereits im April 2017 wurde in München von Dirigent Mariss Jansons in gewisser Weise Rihms Vermächtnis uraufgeführt, die knapp 80-minütigen Requiem-Strophen (zu sehen und hören aktuell hier ab Minute 9:45 bei youtube). Komponiert auf unterschiedliche Textquellen, verklingen sie leise und unspektakulär mit einem Epilog, der das Gedicht Strophen von Hans Sahl vertont. Die Schlußstrophe lautet: Ich gehe langsam aus der Zeit heraus in eine Zukunft jenseits aller Sterne, und was ich war und bin und immer bleiben werde geht mit mir ohne Ungeduld und Eile als wär ich nie gewesen oder kaum.

Wolfgang Rihm war als Künstler kopflastig - unglaublich interessiert, belesen und reflektierend, stets in der Lage zu erklären und zu fesseln, in jeder Hinsicht ein Meister der Artikulation. Seine Artikulation und damit sein Werk mag manchen zu intellektuell vorkommen, für ein Publikum bestimmt, das selbst den Affekt gedanklich erfassen und erklären will. Rihms unabhängiger Individualismus drückt sich in einem außergewöhnlichen Œuvre aus. Über 500 Stücke hat der in Karlsruhe geborene Rihm komponiert, welche bleiben werden, wird die Zukunft entscheiden. Das Sinnliche seiner Musik mag sich nicht jedem erschließen, das originell Individuelle und individuell Artikulierte wird sein Markenzeichen bleiben.

In der Nacht zum 27. Juli 2024 ist Wolfgang Rihm im Alter von 72 Jahren nach langjähriger schwerer Krankheit in Ettlingen verstorben. 

Montag, 17. Juni 2024

Abschied aus Oldenburg

Der designierte Karlsruher Intendant Christian Firmbach hat sich am letzten Wochenende aus Oldenburg mit einem Opernball verabschiedet. Einen kleinen Einblick kann man hier sehen:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Oldenburg-feiert-Opernball-und-verabschiedet-Intendanten,hallonds88182.html

Der NDR bewertet Firmbachs Intendanz sehr positiv, mehr hier:
https://www.ndr.de/kultur/buehne/Intendant-Christian-Firmbach-Gehen-wenn-es-am-schoensten-ist,firmbach102.html

Mittwoch, 29. Mai 2024

Vorschau auf die Spielzeit 2024/25

Es ist endlich wieder soweit: Ein neuer Intendant, neue Direktoren in allen drei Sparten, viele neue Bühnenkünstler, neue Persönlichkeiten und vor allem hoffentlich neue Handschriften, neues Repertoire und Herausforderungen. Die erste Spielzeit ist ein Übergang, um anzukommen und zu entdecken, und doch müssen schnell die Abonnementvorstellungen bestückt werden, um den kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten. Nun ist sehr spät bekannt gegeben worden, welche Verheißungen und Wagnisse geboten werden und welche Vorfreuden man pflegen darf.

Donnerstag, 23. Mai 2024

Vorverkaufsstart und Spielzeitbuch 2024/25

Schau an, es gibt sie also doch noch, die Kommunikation des Badischen Staatstheaters mit dem Publikum. Die Abonnenten haben heute per E-Mail eine Info bekommen, daß die neue Spielzeit erst am 29.05.24 veröffentlicht wird. Daß man dem Verfasser dieser Zeilen fast drei Wochen Vorsprung für die Mitteilung dieser Information gelassen hat, mag ja nett und großzügig sein, dennoch wird die neue Intendanz ab nächster Spielzeit hoffentlich eine transparentere Strategie wählen, um mit ihrem Publikum zeitnah in Kontakt zu treten: 

Freitag, 3. Mai 2024

Spielzeitvorstellung 2024/2025 erst am 29. Mai

Wie üblich erwarten Abonnenten und Theaterfreunde dieser Tage die Vorstellung des Programms der kommenden Spielzeit. Immerhin müssen Abos laut AGB bis zum 31.05. gekündigt werden, sonst verlängern sie sich automatisch um ein weiteres Jahr, und ein wenig Bedenkzeit sollte man seinem zahlenden Stammpublikum schon gönnen. Insbesondere hinsichtlich des bevorstehenden Intendanz- und Direktorenwechsel ist die Neugierde groß und manch einer wird es sich überlegen, ob er sein Abo behält, wenn sich nicht endlich Entwicklungen und neue Perspektiven abzeichnen oder man mit neuem Personal überzeugen kann. Das Theater braucht dringend frischen Wind und einen Stilwechsel!

Der neue Intendant scheint allerdings schlecht beraten, denn anscheinend wird die neue Spielzeit erst am Mittwoch, den 29.05.2024 offiziell vorgestellt, am Tag vor Fronleichnam. Was man sich von dieser Verzögerung erhofft, bleibt im Dunkeln, so etwas wie transparente Kommunikation gegenüber dem Publikum scheint weiterhin ein Schwachpunkt der kaum bemerkbaren Öffentlichkeitsarbeit. Demnächst sollten die Abonnenten zumindest um Geduld gebeten und eine Fristverlängerung für die Aboverlängerung angekündigt werden. Wenn es beim 29.05. bleiben sollte, ist das nicht der optimale erste Eindruck, den man hinterläßt. 

Dienstag, 6. Februar 2024

Aufbau einer neuen Ballettkompagnie

Im Herbst 2023 wurde es über verschiedene Kanäle publik gemacht: Das Badische Staatsballett wird neu aufgestellt und man bat um Bewerbungen: "Der designierte Ballettdirektor des Staatsballetts Karlsruhe Raimondo Rebeck sucht zusammen mit der designierten Hauschoreografin Kristina Paulín für die Spielzeit 2024/25 Tänzerinnen und Tänzer mit sehr guter klassischer und solider zeitgenössischer Technik". Die Bewerbungsfrist endete am 21.01.2024, das Vortanzen für die ausgewählten Tänzer wurde für den 11.02.2024 angesetzt.
Das Angebot, mit Raimondo Rebeck und Kristina Paulín in Karlsruhe ein neues Staatsballett auf die Beine zu stellen, scheint sehr attraktiv. Wie nun die BNN berichten (und zwar hier) erhielt man eine "Flut an Bewerbungen": "1.500 junge Tänzer bewerben sich". Das Vortanzen für die ausgewählten Kandidaten findet am kommenden Sonntag statt.