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Sonntag, 8. Juni 2025

Palmetshofer - Die Verlorenen, 07.06.2025

Das Drama der metaphysischen Obdachlosigkeit, gekürzt auf einen Familienkonflikt
oder
Feigheit vor dem Text

Zum ersten Mal zeigt das Karlsruher Schauspiel ein Stück des österreichischen Dramatikers und Wortkünstlers Ewald Palmetshofer (*1978), doch der Regisseur beraubt Text und Publikum um eine wesentliche Dimension: Sobald der Autor sprachlich ausholt, unterbindet die Regie den Schwung, kürzt den Text bzw. läßt die Schauspieler in hohem Sprechtempo über die nicht gestrichenen Stellen sinnentleert hinwegeilen. Der Regisseur nimmt dem Drama dabei nicht nur einiges von dessen eigentümlicher Individualität, sondern weicht auch der eigentlichen Herausforderung des Stücks aus, die darin besteht, Handlung und Überbau zu einem Ganzen zu verknüpfen. In Die Verlorenen baut der Autor eine zeitgemäß banale Geschichte (das Stück handelt von einer scheiternden, ihr Kind vernachlässigenden Mutter, die zu spät versucht, den Kontakt zu ihrem mißratenen Sprößling wieder herzustellen) um eine Kritik der positivistischen Kultur bei der das Symptom der Leere, der Verstocktheit und Bosheit des Herzens auf eine spirituelle Krise und metaphysische Obdachlosigkeit in der säkularisierten und radikal diesseitigen Welt im Allgemeinen und auf eine familiäre Verwahrlosung im Speziellen zurückgeführt wird. Auf diese Einbettung des Kerndramas in den größeren Kontext des Verlusts wird überwiegend verzichtet, aus den Verlorenen (im Plural) wird hier Die Verlorene. Doch auch wenn die Regie am Wesentlichen scheitert, ist die Inszenierung des Kerntextes  gut gemacht und überzeugt mit sehr guten Schauspielern.

Sonntag, 29. September 2024

Stockmann - Die rote Mühle, 28.09.2024

Fehlstart mit grotesker Moralschmonzette
Die erste Premiere des neuen Schauspieldirektors Claus Caesar ist eine Uraufführung und wurde ambitioniert angekündigt. Es sollte ein großer Wurf werden, ein Konstrukt, das scheinbar Wichtiges verhandelt: die Rückkehr des Paternalismus, mit dem die postmaterialistische Welt von Innen verändert wird. Doch was ein Konzentrat sein müßte, entpuppte sich als dünner Aufguß einer ungewöhnlich schlichten Handlung, die wild zusammenkonstruiert, aber nur durch einen schwachen Faden verbunden ist. Was als ambivalent angekündigt war, bewegte sich im Ungefähren und Plakativen, Schlagworte endeten phrasenhaft, teilweise schön inszenatorisch verpackt, aber inwendig ohne Substanz. Die "Moral" der als Groteske inszenierten Handlung hätte man im Kindergarten erzählen können. Wären da nicht starke Schauspielerleistungen zu sehen gewesen, hätte es ein Fiasko gegeben.