Montag, 4. November 2024

Mascagni - Cavalleria Rusticana, Leoncavallo - Pagliacci, 03.11.2024

Einige ließen sich die Gelegenheit zum Triptychon nicht entgehen, drei innerhalb eines Jahrzehnts (1890-1900) uraufgeführte Opern von drei italienischen Komponisten innerhalb von 24 Stunden am Badischen Staatstheater zu hören. Was für Orchester und Chor eher eine Strapaze war, war für das Publikum ein Genuß.

Sonntag, 3. November 2024

Puccini - Tosca, 02.11.2024

Man könnte nach der Wiederaufnahme von Tosca behaupten, daß das seit dieser Spielzeit neu in Karlsruhe agierende Team aus Intendant und Operndirektor in wenigen Wochen seit Spielzeitbeginn den Stimmungswechsel in der Oper bereits erfolgreich eingeleitet hat. Denn obwohl sich die Tosca-Inszenierung des Regisseurs John Dew aus dem Jahr 2000 der 100. Aufführungen nähert, also kaum jemand des opernaffinen Publikums in Karlsruhe und Umgebung diese Inszenierung noch nicht gesehen hat, war gestern fast ausverkauft, nur wenige Plätze in Randlage blieben leer.

Montag, 28. Oktober 2024

Mascagni - Cavalleria Rusticana, Leoncavallo - Pagliacci, 27.10.2024

Glutvoll und lodernd
Es war höchste Zeit, daß die beliebten Opernzwillinge auf die Karlsruher Opernbühne zurückkehren, wo sie zuletzt in den 1990er getrennt inszeniert wurden. Beide Opern handeln von Liebe, Ehebruch, Eifersucht und Totschlag und die Inszenierung verbindet die beiden Einakter zu einer Oper mit zwei Handlungen, die am gleichen Tag im gleichen Ort spielen: "Das Dorf Vizzini südlich von Catania, Piazzetta S. Teresa, 21. April 1946, Ostersonntag".  Das Resultat ist gelungen, szenisch spannend sowie musikalisch und sängerisch emotionsstark - immer wieder ergeben sich mitreißende dramatische Höhepunkte. Applaus und Jubel des Publikums waren langanhaltend.

Sonntag, 13. Oktober 2024

Donizetti - Don Pasquale, 12.10.2024

Vergnügtes Sängerfest
Wenn man Zweck und Mittel vertauscht, entsteht oft Zynismus. Im vergangenen Jahrzehnt wurden die Sänger oft zum Mittel reduziert zum Zwecke der Inszenierung und Selbstdarstellung von Regie und Intendanz. Beim neuen Don Pasquale ist die Inszenierung das Mittel zum Zweck von Musik und Gesang. Die Karlsruher Produktion von Donizettis gediegenem Klassiker ist als Buffa ganz aus dem Geiste der Musik inszeniert und ein Sängerfest für ein bemerkenswert auftrumpfendes Quartett. Die gelungene Premiere wurde mit viel Applaus für alle Beteiligten belohnt.

Dienstag, 8. Oktober 2024

1. Symphoniekonzert, 07.10.2024

So unerbittlich prasselte der Regen gestern Abend in Karlsruhe, daß man sein Echo über die Lüftungsanlage des Großen Hauses in stillen Konzertmomenten wahrnehmen konnte. Doch das hiesige Konzertpublikum ist bekanntlich treu, überraschend wenige verkaufte Plätze blieben zum verregneten Start der Konzertsaison leer. In einer visuell überfrachteten Welt verlieren viele die Fähigkeit zum Zuhören und zur Konzentration auf die eigene Wahrnehmung. Die Konzerte der Badischen Staatskapelle sind zur inneren Fokussierung das richtige Gegenmittel, eine Klangoase, die man nicht so einfach wieder aufgibt, auch wenn das gestrige Symphoniekonzert nicht wirklich Begeisterung auslöste.

Montag, 7. Oktober 2024

Tanzkraftwerk, 06.10.2024

Mitreißender Einstand 
Ein wichtiger Hinweis vorab: der Vorstell- und Kennenlern-Ballettabend Tanzkraftwerk wird nur noch dreimal aufgeführt (und zwar am 11., 20. und 26. Oktober)  - und das sollte man sich nicht entgehen lassen!  Hier wird die Vorfreude auf die kommende Spielzeit so erfolgreich geschürt, daß es am Ende der Premiere stehende Ovationen und lautstarken Jubel für die neue Kompagnie und das Leitungsteam gab. Zehn Choreographien sind zu sehen, darunter jeweils drei von Kristina Paulin, die als neue Hauschoreographin eine besondere Rolle einnimmt, sowie vom neuen Ballettdirektor Raimondo Rebeck. Und den abschließenden Boléro von Maurice Ravel, mitreißend getanzt von allen 30 Tänzern des Badischen Staatsballetts, sollte man schon gar nicht verpassen. 

Sonntag, 6. Oktober 2024

Kafka - Der Prozeß, 05.10.2024

Kafka als Pflichtthema
Franz Kafka (*1883 †1924) hat kein Theaterstück geschrieben, dennoch ist er in diesem Jahr anläßlich seines 100. Todestags einer der meist aufgeführten Bühnenautoren. Die Erzählung Die Verwandlung sowie die Romane Das Schloß und Der Prozeß scheinen bei Theatermachern in diesem Jahr besonders beliebt und es stellt sich die Frage, wie Kafka heute wahrgenommen wird und zu was er inspiriert. In Karlsruhe hinterließ Der Prozeß gestern im Studio allerdings einen faden Nachgeschmack, als hätte man sich eher einer Pflichtaufgabe entledigt, statt einer Inspiration Ausdruck zu geben. Kein großer Wurf, ordentliches Handwerk, dafür aber motivierte Schauspieler. Der Applaus war rasch enden wollend.

Montag, 30. September 2024

Smyth - The Wreckers, 29.09.2024

Spannend, mitreißend und umjubelt
Es hatte sich ja bereits abgezeichnet, daß das Herzblut des neuen Intendanten Christian Firmbach der größten Sparte gehört und die Ära der falschen Wertigkeiten nun endgültig vorbei sein sollte. Die gestrige erste Opernpremiere des neuen Operndirektor Christoph von Bernuth war mit Spannung erwartet und endete als voller Erfolg mit mitreißender sängerischer und orchestraler Leistung und einer gelungenen Inszenierung, die aus Ethel Smyths vergessener Oper The Wreckers einen spannenden Thriller macht.

Sonntag, 29. September 2024

Stockmann - Die rote Mühle, 28.09.2024

Fehlstart mit grotesker Moralschmonzette
Die erste Premiere des neuen Schauspieldirektors Claus Caesar ist eine Uraufführung und wurde ambitioniert angekündigt. Es sollte ein großer Wurf werden, ein Konstrukt, das scheinbar Wichtiges verhandelt: die Rückkehr des Paternalismus, mit dem die postmaterialistische Welt von Innen verändert wird. Doch was ein Konzentrat sein müßte, entpuppte sich als dünner Aufguß einer ungewöhnlich schlichten Handlung, die wild zusammenkonstruiert, aber nur durch einen schwachen Faden verbunden ist. Was als ambivalent angekündigt war, bewegte sich im Ungefähren und Plakativen, Schlagworte endeten phrasenhaft, teilweise schön inszenatorisch verpackt, aber inwendig ohne Substanz. Die "Moral" der als Groteske inszenierten Handlung hätte man im Kindergarten erzählen können. Wären da nicht starke Schauspielerleistungen zu sehen gewesen, hätte es ein Fiasko gegeben. 

Montag, 16. September 2024

Eröffnungsgala mit dem neuen Opernensemble, 15.09.2024

Intendanz- und Saisonstart mit stehenden Ovationen
Ist der Spuk des letzten Jahrzehnts nun vorbei? Manch einer wird das Wochenende mit Theaterfest und Opernkonzert mit gemischten Gefühlen angegangen sein. Zulange waren unheilvolle Geister am Werk und ob diese so einfach verschwinden oder man gut daran tut, Räucherstäbchen anzuzünden, einen Schamanen mitzubringen oder doch gleich bei der katholischen Kirche einen Exorzismus anfragt, ist durchaus diskutabel. Doch unabhängig davon, ob nun höhere Mächte ihren Beitrag geleistet haben, hat es der neue Intendant Christian Firmbach am ersten Wochenende der Spielzeit geschafft, gute Geister zu bannen und die Gunst des Publikums zu erringen. Und als es dann am Ende eines freudvoll-unterhaltsamen Opernkonzerts auch noch stehenden Applaus im Publikum für die neuen Mitglieder des Opernensembles gab, wird sich bei einigen eine lange nicht mehr gespürte Vorfreude auf die kommende Opernsaison eingestellt haben. Der Spuk scheint vorbei zu sein.

Montag, 9. September 2024

Programm des Theaterfests 2024

Wenig Gespräche und Selbstdarstellungen, dafür sehr viele Führungen - die wahren Helden der Theaterfestarbeit sind Technische Abteilungen & Werkstätten sowie Kostüm & Maske, die jeweils 9 Gruppen in ca. 7 Stunden durch das Haus führen, immerhin mit kleiner Teilnahmegebühr, die wahrscheinlich nicht als Belohnung an die mitwirkenden Mitarbeiter ausgezahlt wird - so sieht das Programm des Theaterfests am 14.09.2024 aus:

Sonntag, 1. September 2024

Vorschau auf die Spielzeit 2024/2025 (2)

Fragezeichen zwischen Kontinuität und Aufbruch
Anna Bergmann scheint rückblickend ein Kassengift, ihre Sparte verlor im Vergleich zu anderen Sparten deutlich mehr Zuschauer. Und hätte es letzte Saison nicht Romeo und Julia im Großen Haus gegeben, durch das man quasi alle verfügbaren Abonnenten jagte, hätten sich die Zahlen eher wieder am Tiefstand der Spielzeit 2022/23 orientiert. Der neue Schauspieldirektor Claus Cäsar hat also viel Luft nach oben, doch wer gehofft hatte, daß es einen Neustart als Umbruch geben würde, der wurde enttäuscht. Cäsar wählte den scheinbar einfachen Weg. Da er zuvor nicht als Schauspieldirektor tätig war, konnte er nichts mitbringen, weder Ensemble noch Repertoire, und übernahm alle bleibewilligen Schauspieler und viele Inszenierungen der letzten Spielzeit. Auch programmatisch fällt Cäsar nicht auf, keine neuen Programmlinien, keine offensichtlich neuen Ideen (man denke nur an Knut Webers fulminante Downtown-Projekte vor 20 Jahren!), der Betrieb wird fortgesetzt, sechs Premieren im Kleinen Haus, drei im Studio, zwölf Wiederaufnahmen. Droht nun bleischwerer Stillstand? 

Mittwoch, 28. August 2024

Rückblick: Zuschauerstudie 2023

Das Theater der alten biodeutschen Frauen
Dem scheidenden Interimsintendanten Ulrich Peters scheint das Lob zu gebühren, das Badische Staatstheater nach den beiden Krisen (abgesetzter Intendant und Virusepidemie) nach innen und außen wieder in ruhiges Wasser gebracht zu haben, die Publikumszahlen stagnierten in der letzten Spielzeit auf niedrigem Niveau. Nach der Beendigung der Covid-Beschränkungen hatte das Theater einen Publikumsverlust von ca. 20% - womit man dem Bundestrend entsprach. Interessant ist, daß dieser Zuschauerschwund nicht pauschal war, sondern von Sparte zu Sparte unterschiedlich ausfiel. Das Konzertpublikum blieb treu und verringerte sich kaum, auch die Oper blieb stabil und verlor moderat. "Besonders betroffen sind Schauspiel (ca. -42 %) und Tanz (ca. -27 %)", so die letzte Publikumsstudie. Daß Anna Bergmann und Bridget Breiner ersetzt wurden, ist also eine Chance, wieder an Attraktivität zu gewinnen. Wer besucht eigentlich das Badische Staatstheater?

Donnerstag, 15. August 2024

R.I.P. Heiner Kondschak (*1955 †2024)

Die Karlsruher Auftritte von Heiner Kondschak zeichneten sich stets durch drei Qualitäten aus: Humor, Schlagfertigkeit und Musikalität. Der frühere Schauspieldirektor Knut Weber, der selber nicht so gerne auf der Bühne stand, brachte ihn 2002 nach Karlsruhe mit, wo Kondschak oft beim Theaterfest moderierte und durch das Abendprogramm führte, das Publikum unterhielt und zum Lachen brachte. Mit seinen langen Haaren und seinem struppigen Bart fiel er auf, Kondschak verpasste nicht, über sein Auftreten selber Witze zu machen - er war auf der Bühne ein Eisbrecher, der schnell den Draht zum Publikum herstellte. Kondschak war Musiker, schrieb Theaterstücke, konzipierte musikalische Abende und war an vielen Theatern tätig, am Badischen Staatstheater bspw. mit  Kaspars kurzer Traum vom Glück und Dylan – The times they are A-changin’ sowie Wann wenn nicht jetzt. Kondschak starb nun im Alter von 69 Jahren an Herzversagen und nicht wenige rund um Karlsruhe werden noch lange an ihn denken, denn die Abendveranstaltungen bei den Theaterfesten waren seitdem nie wieder so lustig und opulent wie mit ihm.

Mittwoch, 14. August 2024

Von den Freuden der Hochkulturwerte

Auf der Webseite der Zeitschrift Die deutsche Bühne ist ein Artikel über Christian Firmbachs Errungenschaften als Intendant in der "theaterbegeisterten Beamtenstadt" Oldenburg (2014 - 2024) erschienen. Der Autor schlägt einen leicht mißgünstigen Ton an, als ob er den offensichtlichen Publikumserfolg neidet, und schreibt leider zu pauschal, um fundiert zu wirken, aber es scheint ein Lob zu sein, wenn zu lesen ist: "Firmbach präsentierte sich von Beginn an als seriöser Freund alter Hochkulturwerte", wobei mit "alt" offensichtlich "wertig" gemeint ist, also qualitativ "gutes Handwerk".