Sonntag, 23. Februar 2025

Konzert mit drei Countertenören, 22.02.2025

Wer nach der Rinaldo-Premiere musikalisch und sängerisch nicht ganz zufrieden war, der tat gut daran, gestern gleich wieder ins Badische Staatstheater zu gehen, denn das Orchestre de l’Opéra Royal de Versailles gab ein Konzert mit Barockarien (auch aus Rinaldo), für das man drei Countertenöre aufbot, und dieses Konzert bot, was man am Abend zuvor teilweise vermißte: beredtes Musizieren und virtuoser Gesang.

Samstag, 22. Februar 2025

Händel - Rinaldo, 21.02.2025

Zwischen Effekten und Affekten
Vielversprechend war, was man über den neuen Rinaldo vorab zu hören und sehen bekam. Und tatsächlich ist der neue Rinaldo bemerkenswert in vielerlei Hinsicht: Bühne und Kostüme sind  einfallsreich, viele szenische Veränderungen und Kostümwechsel lassen keine Langeweile aufkommen. Der Regisseur läßt es sich allerdings nicht ganz nehmen, das Publikum zu quälen, und auch sängerisch und musikalisch ist man nicht durchgehend im Goldstandard. Doch auch wenn die visuellen Effekte stärker in Erinnerung bleiben als die musikalischen Affekte, ist der neuen Festspielleitung ein sehenswerter und stark applaudierter Einstieg bei den Karlsruher Händel Festspielen gelungen.

Freitag, 21. Februar 2025

Vorschau auf die Händel Festspiele 2026

Jetzt ist es offiziell und der Vorverkauf hat heute begonnen: Tamerlano wird 2026 erneut inszeniert und man hat Altmeister René Jacobs als Dirigenten verpflichtet.

Montag, 17. Februar 2025

Erste Vorschau auf die Händel Festspiele 2026

Wenn man den Gerüchten glauben will, dann gibt es auch bei den Händel Festspielen 2026 eine Wiederholung. Anscheinend wird man im kommenden Jahr Händels Tamerlano inszenieren, eine Oper, die es bereits bei den Händel Festspielen 1993 zu hören gab. Weiterhin scheint man sich also nicht an die Lücken bei den Karlsruher Händel Festspielen zu trauen, denn sonst hätte man bspw. Faramondo oder Floridante, Atalanta oder Sosarme inszeniert. Aber warten wir's ab ....

Sonntag, 16. Februar 2025

Büchner - Woyzeck, 15.02.2025

Abiturthema im Bundesland der Bildungsverlierer
Schon wieder Woyzeck? Ja, der Stoff wird mal wieder Abiturthema. Das mag manche überraschen, das Bundesland erlebt seit Winfried Kretschmanns Amtsübernahme als Ministerpräsident einen desaströsen Bildungsabstieg. Über Jahrzehnte gehörten Bayern und der Südwesten zur Bildungsspitze im Bund, die Frankfurter Allgemeine schrieb (hier): "Eine Sonderauswertung mit einem Vergleich der Bundesländer hatte bei der ersten PISA-Studie im Jahr 2000 ergeben, daß Bayern und Baden-Württemberg über dem OECD-Durchschnitt lagen, und zwar recht deutlich, und Sachsen nur wenig darunter. Diese drei Bundesländer hatten dabei die stringentesten institutionellen Regelungen: die Verbindlichkeit der Schullaufbahnempfehlungen, eine stärkere organisatorische Kontrolle der Schulen, etwa über die Standardisierung des Stoffs, zentrale Prüfungen, regelmäßige Tests und eine Rechenschaftspflicht der Schulen und ihrer Lehrer. " Inzwischen sind Bayern (dort gibt es auch die wenigsten Schulabbrecher) und Sachsen an der Spitze, die Tageszeitung Die Welt konstatierte (hier): "Kein anderes Bundesland ist in der letzten Dekade so stark in der Bildungsqualität zurückgefallen wie Baden-Württemberg. Fast jeder fünfte Viertklässler schafft mittlerweile in Mathematik und Deutsch nicht mal mehr das Mindestniveau." Das pädagogische Scheitern fördert Ungleichheit. Bildung und Wissen sind wieder Distinktionsmerkmale, denn leistungsstarke Schüler haben wieder deutliche Vorteile, wenn sich das Niveau nach unten orientiert. Ein weiteres Indiz für die Verblödung von Jugendlichen: immer mehr fallen durch die theoretische Führerscheinprüfung, 2024 sollen es bundesweit fast 50% gewesen sein. Wo bereits die Vermittlung einfachster Fähigkeiten als unerträglicher Leistungsdruck diskreditiert wird, darf man sich über solche Resultate nicht wundern. Es wirkt, als ob es in den letzten Jahren politisch gewollt sei, die Lebensperspektiven von Kinder frühzeitig zu verbauen, damit sie sich später politisch für den paternalistischen Staat entscheiden und in schlechter Tradition Freiheitsrechte gegen Versorgungsansprüche abgeben. Die staatsinterventionistischen Parteien scheinen sich allerdings teilweise verrechnet zu haben, denn bei Jungwählern gibt es Überraschungen. Passenderweise hat sich das Bundesland immerhin auf der Phrasenseite angepaßt: "Wir können alles. Außer Hochdeutsch." wurde als überambitioniertes und deshalb nicht mehr zeitgemäßes Landesmotto abgelöst, nun hat man ein inhaltsleeres, orthographisch dubioses, nicht jeden Humor ansprechendes und auch entlarvend wirkendes "The Länd". 
Schon wieder Woyzeck (mehr dazu hier (2019) und hier (2023)). Manch einer wird sich gewünscht haben, daß man den kurzen Text doch lieber im Jugendtheater oder im Studio inszeniert hätte, statt ihn ins Kleine Haus zu bringen. 75 pausenlose Minuten scheinen für eine vollpreisige Abendvorstellung etwas unterdimensioniert. Doch immerhin gelingt hier eine ganz ordentliche Inszenierung, die in der Titelrolle mit Jannik Süselbeck bravourös besetzt ist.

Sonntag, 9. Februar 2025

Benbenek - Tragödienbastardin, 08.02.2025

Migration als Unglück und Geschwafel
Re-/Migration ist ein Thema im Wahlkampf der vorgezogenen Bundestagswahl und der Zufall wollte es, daß das Karlsruher Schauspiel gestern, 15 Tage vor dem Urnengang, ein migrationskritisches Stück auf die Bühne des Studios brachte. Autorin Ewe Benbenek (1985 in Polen geboren) kam selber als Kind mit ihren Eltern in die Bundesrepublik und hat mit Tragödienbastardin eine Satire auf den Viktimismus der politischen Linken und die als Narrative bezeichneten ideologischen Fiktionen im Allgemeinen und über das heuschlerische Opferverwertungsklimbim der deutschen Theater im Speziellen geschrieben. Das Betriebsgeheimnis des Stücks ist Bestandteil von Benbeneks Text: "Ja, ja, diese Story, diese migrantisch-authentische, diese schöne migrantisch-authentische Story, die ist gut, die läßt sich heute gut verkaufen, diese Story, bei der kann es dann endlich mal wieder kling bim kling bim machen, in den Kassen, in den Kulturkassen". Benbenek liefert den Theatern Klimbim in Form eines gefühligen Selbstbespiegelungsmonologs für drei weibliche Stimmen, indem sie im Titel Migration provokativ als gefühlte Tragödie und das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen mit einem illegitimen Bastarddasein vergleicht. Doch der Titel übertreibt maßlos, eine Tragödie liegt nicht vor, eher das Luxusproblem, eine Anpassungsleistung zu erbringen, und das Gefühl, illegitim zu sein, erklärt sich im Text aus dem Minderwertigkeitsgefühl der Immigranten, die mit den Ansprüchen und Gepflogenheiten des Wirtsvolkes hadern. Benbenek unterläuft die Erwartungshaltung an eine migrantisch-authentische Story durch Banalisierung. Migration scheitert aus diversen Gründen, hier sind es schlicht psychologische Barrieren: Widerstände bedrohen scheinbar das eigene Selbstwertgefühl. Doch Mikroaggressionen, Kränkungen und Zurückweisungen sind kein Ausdruck von pauschaler Ablehnung. Die Karlsruher Inszenierung kommt Benbeneks Text leider nicht wirklich auf die Schliche und inszeniert zu oft  Wehleidigkeit und Leere, wo Satire und Komik angebracht wären. Wer sich nicht nur unkritisch berieseln lassen will, muß Geschwafel ertragen.

Dienstag, 4. Februar 2025

4. Symphoniekonzert, 03.02.2025

Zu viel des Guten ist bekanntlich wundervoll. Als langjähriger, sogar jahrzehntelanger Konzertabonnent wirkt es deshalb immer noch seltsam: ein pausenloses Symphoniekonzert mit genau einem Werk, wo man zuvor in der Regel mindestsens zwei zu hören bekam. Früher wurde mehr konzertiert und die Kürzungen im Konzertprogramm wirken irgendwie symptomatisch für eine Zeit des allumfassenden Schrumpfens: man muß sich in vielerlei Hinsicht daran gewöhnen, sich mit weniger zu begnügen.