Mittwoch, 29. Oktober 2025

Die Baukosten steigen, wen wundert's?

Die falsche Aufregung
Gibt es wirklich Verwunderung über die steigenden Kosten für Neubau und Sanierung des Badischen Staatstheaters? Dabei wurden die steigenden Preise von den Bauträgern doch bewußt in Kauf genommen. Denn man benötigt für Neubau und Sanierung kein Jahrzehnt! Die Stadt wollte lieber langsamer bauen, um jährlich geringere Kosten zu haben. Die niedrigen jährlichen Ausgaben - der jährliche Beitrag der Stadt ist auf 20 Millionen Euro festgeschrieben - wurden mit einem erhöhten Risiko auf lange Sicht erkauft, daß die Endsumme aufgrund der Baukostenentwicklung deutlich steigen kann. Denn je länger die Bauzeit, desto stärker wirken sich Baupreissteigerungen, Material- und Lohnkosteninflation sowie Unwägbarkeiten auf die Gesamtkosten aus. Das geschieht nun. Wer will sich darüber wundern?

Die Bauzeit wurde aus zwei Gründen gezielt länger als erforderlich angesetzt. Zum einen spielt der laufende Theaterbetrieb eine Rolle: ein zügiger Umbau hätte umfangreiche Interimslösungen und Auslagerungen erfordert, die einen ganz anderen organisatorischen Aufwand verursacht hätten. Die Bauzeit wurde in Module unterteilt, um Planung und Koordination zu erleichtern und den Spielbetrieb möglichst wenig zu stören.​
Ein weiterer entscheidender Faktor war tatsächlich die finanzielle Planung für die Stadt: Durch die Streckung des Großprojekts über viele Jahre verteilt sich die jährliche Belastung für den Haushalt auf einen längeren Zeitraum. So lassen sich die Ausgaben pro Jahr besser steuern, was angesichts der Kosten für die Stadt bei der Entscheidung von Bedeutung war. Die längere Bauzeit wurde also bewußt gewählt, um die Investitionslast für die Stadt Karlsruhe zu mildern. Dafür nahm man jährliche Preissteigerungen von 3-4% und einen Risikopuffer von angeblich 25% in die Kalkulation auf. Dies soll nun nach wenigen Jahren schon zu niedrig angesetzt worden sein.
Modul 1 (das neue Schauspielhaus) und Modul 2 (Probenräume und Raumerweiterungen) sprengen den Risikopuffer, im ersten Fall werden statt maximal 144 Millionen Euro aktuell 160 geschätzt, im zweiten Fall  sollen aus maximal 77 Millionen Euro nun schon 95 werden.

Das Resultat: der Stadt geht es wie den Bürgern. Die falsche Politik der letzten Jahre hat einen immensen wirtschaftlichen Schaden angerichtet. Es ist nun zu spät, die Politik an Ludwig Erhard und sein Buch "Wohlstand für alle" zu erinnern. Denn der Großmeister deutscher Wirtschaftspolitik hat es damals schon gewußt: "Die Inflation kommt nicht über uns als ein Fluch oder als ein tragisches Geschick; sie wird immer durch eine leichtfertige oder sogar verbrecherische Politik hervorgerufen. ... Das Bemühen um ein stabiles Preisniveau steht an der Spitze der wirtschaftlichen Rangordnung. Auch eine nur leicht inflationäre Entwicklung ist so etwas wie eine entschädigungslose Enteignung zugunsten der Öffentlichen Hand." Doch das ist nur ein Aspekt der Fehlentwicklungen.

Die Mehrkosten für die Module 1 und 2 lassen sich nicht mehr einfangen, zu weit fortgeschritten sind die Maßnahmen. Gespart werden soll nun am Modul 3 (die Sanierung des Altbaus). Daß die Planungen dafür nun unterbrochen wurden, läßt Unschönes erahnen. Und wieder droht, was bereits vor über 50 Jahren beim Neubau geschah. Man wird nach dem Motto einsparen: weniger ist weniger. Doch clevere Städte sind zu arm, um billig zu bauen! Eine langlebige Investition kommt günstiger als ständiges Nachbessern.