Am 25.01.2025 wird in der Karlsruher Oper Phèdre, eine Tragédie lyrique von Jean-Baptiste Lemoyne, Premiere feiern. Laut Staatstheater: "Nach 200 Jahren der Vergessenheit wird Phèdre nun erstmals wieder vollszenisch gezeigt – als Auftakt zu einer Programmlinie, die sich in den kommenden Jahren gezielt dem unbekannteren französischen Repertoire widmen wird". Dabei arbeitet man mit dem Palazzetto Bru Zane zusammen, einer Organisation, die sich der Wiederentdeckung französischer Musik aus der Zeit von 1780 bis 1920 widmet. Es gab bereits in der über 200 Jahre langen Karlsruher Opernvergangenheit sehr viele französische Werke (damals stets in deutscher Übersetzung gespielt), die heute kaum jemand noch kennt. Was die Karlsruher Oper spielte, läßt sich in der Badischen Landesbibliothek ab der Spielzeit 1813/14 (teilweise auch davor) bis in die 1930er gut recherchieren. Dabei ergeben sich Favoriten, Raritäten und Überraschungen, wer und was besonders oft und was nicht gespielt wurde. Nachfolgend ein etwas umfangreicher (ca. 120 Opern von über 40 Komponisten) und doch nicht abschließender Überblick zur reichen Geschichte französischer Werke auf der Karlsruher Bühne in dieser Epoche:
Geschichtlicher Hintergund:
Die badische Verbindung zu Frankreich ist bekannt: Das 1806 entstandene Großherzogtum Baden wäre ohne den Beitrag des badischen Gesandten Sigismund von Reitzenstein in Paris wahrscheinlich nie entstanden. Baden trat 1806 dem von Napoleon dominierten Rheinbund bei, der badische Thronfolger Erbprinz Karl heiratete in Paris Napoleons Adoptivtochter Stéphanie de Beauharnais, deren einziger Sohn wenige Tage nach der Geburt starb. Später sollte Kaspar Hauser fälschlicherweise behaupten, dieses Kind zu sein. 1812 mußte Baden über 6000 Soldaten für Napoleons Russlandfeldzug stellen, 1813 war es erneut Sigismund von Reitzenstein, der den Bündniswechsel organisierte, 1815 trat Baden dem Deutschen Bund bei, 1818 wurden auf dem restaurativen Aachener Kongress die bestehenden Grenzen bestätigt. Gleichwohl verabschiedete das Großherzogtum im gleichen Jahr eine (vom liberalen Staatsminister Karl Friedrich Nebenius ausgebarbeitete) Verfassung und wurde zur konstitutionellen Monarchie. Durch die Verfassung wurde Badens Ruf als liberales Musterland begründet.
Französische Opern im Großherzoglichen Hoftheater
Am 01.11.1808 wurde das Großherzogliche Hoftheater eröffnet, vier Wochen zuvor kündigte man das erste Theater-Abonnement an (nachzulesen hier). Die frühen Jahre waren stark französisch geprägt.
Von Nicolas Dalayrac gab es 1812 Léon, ou: Le château de Montenero, 1814 Deux Mots, ou: Une Nuit dans la forêt, 1815 Léhéman ou La Tour de Neustadt, 1816 Gulistan, ou: Le Hulla de Samarcande, 1817 gab es gleich dreimal Dalayrac; Raoul, Sire de Créqui, La maison à vendre und Adolphe et Clara, ou: Les deux prisonniers. Als Nachzügler folgte 1829 Azémia, ou: Les Sauvages und 1894 gab es einen ungewöhnlichen Trittico: ein Einakter von Dalayrac, einer von Grétry, kombiniert mit Bizets Einakter Djamileh. Immerhin ca. 60 Vorstellungen seiner Opern machen Dalayrac zu einem frühen französischen Favoriten des Hoftheaters, dessen Vorzug darin bestanden haben könnte, daß die Singspiele mit wenig Aufwand umzusetzen waren.
Vom frankomaltesischen Komponisten Nicolas Isouard (auf dem Karlsruher Programmzettel Nicole de Malte genannt) gab es 1813 Cendrillon (Aschenbrödel), die über ein Jahrzehnt gelegentlich gespielt wurde. 1816 Michel Angelo, Das Lotterie-Los und Joconde, 1822 folgte Das Landhaus am Walde.
1813 gab es Raoul Barbe-bleue von André-Ernest-Modeste Grétry, im gleichen Jahr folgte noch Richard Coeur-de-Lion. Jahrzehnte später gab es 1894 Les deux avares.
Ebenfalls 1813 hörte man Étienne Nicolas Méhul, und zwar erst Joseph, dann Héléna, 1814 Une Folie, 1820 Les deux aveugles de Toledo, 1824 Le Trésor supposé, Jahrzehnte später 1869 Uthal.
Die französische Oper Les deux journées des Italieners Luigi Cherubini stand ab 1813 als Graf Armand oder Die zwei gefahrvollen Tage und ab 1832 einige Jahrzehnte als Der Wasserträger regelmäßig (über 60 Aufführungen) im Programm, 1816 Lodoïska, 1823 Médée (die sich auch länger hielt, aber selten gespielt wurde) und Faniska.
Als Raritäten finden sich 1814 Aline, reine de Golconde von Henri-Montan Berton sowie Le prisonnier von Dominique Della-Maria auf dem Spielplan.
Über viele Jahrzehnte, zuletzt 1872, finden sich ca 80. Aufführungen von französischen Opern des Italieners und Hofkomponisten bei Napoleon Gaspare Spontini. 1814 gab es zuerst La Vestale, 1817 folgte dessen heroische Oper Ferdinand Cortez. Doch weder Spontinis L'Olimpie noch die deutsche Agnes von Hohenstaufen scheinen es auf die Karlsruher Bühne geschafft zu haben.
Auch Pierre Gaveaux ist kaum noch bekannt, 1814 gab Le petit matelot, ou: Le mariage impromptu, 1815 M. des Chalumeaux, 1823 folgte Toberne, ou: Le pêcheur suédois.
1815 wurde die nach dem Tode des italienischen Komponisten Antonio Sacchini in Paris sehr erfolgreiche französische Oper Œdipe à Colone gegeben (UA 1786), der Programmzettel gibt dem damaligen Publikum einen mythologischen Abriß über die Ereignisse. Und wer die CD-Einspielung des Labels Naxos hat, der kann das frühere Karlsruher Ensemblemitglied Kirsten Blaise darin hören.
Der nächste große Erfolgskomponist in Karlsruhe war François Adrien Boieldieu, und zwar: 1815 Jean de Paris, 1815 Le nouveau Seigneur de Village, 1818 La Fête du village voisin, 1818 Le calife de Bagdad, 1819 Le petit chaperon rouge, 1826 dann der größte Erfolg La dame blanche mit über 130 Vorstellungen in den folgenden 80 Jahren.
Von Louis-Luc Loiseau de Persuis wurde 1821 La Jérusalem délivrée gespielt.
Zu Ferdinand Hérold. 1822 gab es La Clochette, ou: Le Diable Page, 1833 Le Pré aux Clercs (UA 1832), die vom Palazzetto Bru Zane u.a. mit Michael Spyres auf CD erschien. 1834 folgte die in Karlsruhe oft gespielte romantische Oper Zampa oder Die Marmorbraut, die 1895 zuletzt aufgeführt wurde.
Der in Karlsruhe meistgespielte französische Komponist ist Daniel-François-Esprit Auber, (*1782 †1871) dessen Opern über 570 Vorstellungen bis 1931 in Karlsruhe hatten. 1825 La neige, 1826 Le concert à la Cour, 1827 Le maçon. Großen Erfolg hatten 1830 La muette de Portici und 1831 Fra Diavolo, die beide über ein Jahrhundert gespielt in Karlsruhe auf ca. 130 bzw. 150 Aufführungen kam: Weiterhin 1832 La fiancée, 1835 Le Serment, ou: Les Faux-monnayeurs und Le Dieu et la Bayadère. Erst 1853 folgte Le domino noir, 1855 Les diamants de la couronne, 1864 La part du diable, 1865 Le Lac des Fées, 1869 Le premier jour de bonheur, 1889 Le cheval de bronze.
1828 wurde Les Aubergistes de qualité von Charles-Simon Catel aufgeführt.
Jakob Meyer Beer alias Giacomo Meyerbeer wurde mit seiner in italienisch komponierten Oper I crociato in Egitto 1827 erstmal in Karlsruhe aufgeführt, die großen Erfolge kamen mit den französischen Opern. Über 400 Aufführungen sind bis 1931 dokumentiert, zuerst 1833 Robert le diable (ca. 100 mal gespielt), 1844 Die Hugenotten (ca. 140 Aufführungen), 1856 Der Prophet (ca. 80 mal), 1866 Die Afrikanerin (ca. 80 mal) und 1873 Dinorah (nur 10 mal). Wie schade, daß Meyerbeer immer noch nicht wieder in die Programmplanung zurückgekehrt ist und Rarität bleibt.
Auch die französischen Opern Rossinis sollen nicht unter den Tisch fallen: 1828 Le siège de Corinthe, 1832 Guillaume Tell, der knapp 125 mal gespielt wurde, 1838 Le comte Ory. Über 525 Aufführungen der Opern Rossini sind dokumentiert, Spitzenreiter ist selbstredend der italienische Barbier von Seviglia mit fast 250 Vorstellungen.
Macbeth, komponiert von Hippolyte André Jean Baptiste Chélard, kam 1832 erstmals zur Aufführung.
Sehr beliebt in Karlsruhe war auch Adolphe Adam, dessen Le postillon de Lonjumeau erstmals 1837 und über Jahrzehnte gerne (über einhundertmal) gespielt wurde, 1841 folgte La reine d'un jour, 1842 Le Brasseur de Preston, 1854 Giralda, 1894 wurde La poupée de Nuremberg ausgegraben (und mit Tschaikowskys Jolanthe kombiniert), 1911 Le toréador und erst 1912 folgte Si j'étais roi, die dann erneut ein großer Erfolg in der Spielzeit 2001/2002 wurde, den der Autor dieser Zeilen immer noch in glücklicher Erinnerung hat (besetzt u.a. mit Natalia Melnik als Néméa, Harrie van der Plas als Zéphoris und dem hessisch babbelnden Christof Fischesser als Kadoor sowie Hans-Jörg Weinschenk, Tiny Peters, u.a.)
Ab 1842 war La juive von Fromental Halévy sehr erfolgreich, in den kommenden neun Jahrzehnten erlebte die Oper ca. 120 Aufführungen. 1850 folgte Les mousquetaires de la reine, 1860 L' éclair, 1885 der von Bizet vollendete Noé, 1900 Le val d'Andorre.
In Karlsruhe sehr erfolgreich war Gaetano Donizettis für Paris komponierte Oper La fille du regiment, für die ab 1843 ca. 150 Vorstellungen dokumentiert sind. Andere französische Opern des Italieners: 1855 La favorite, 1865 Dom Sébastien.
Giuseppe Verdis für Paris komponierte Oper Les vêpres siciliennes sowie der fünfaktige Don Carlos scheinen es nicht auf die Karlsruher Bühne geschafft zu haben.
Les quatre fils Aymon von Michael Balfe wurde 1845 präsentiert. Von Dominique-François-Xavier Boisselot konnte man 1848 Ne touchez pas à la reine erleben
Die für Paris komponierten Opern von Christoph Willibald Gluck scheinen erst mit jahrzehntelanger Verspätung nach Karlsruhe gefunden zu haben, wahrscheinlich weil Wagner und Berlioz sich für sie aussprachen: 1853 Armide (UA 1777), 1855 Alceste (UA frz. 1776), 1858 Iphigénie en Tauride (UA 1779), 1860 Orphée et Euridice (UA frz. 1774) Iphigénie en Aulide (UA 1774). Immerhin ca. 170 Aufführungen mit einer Verspätung von ca. 80 Jahren.
Auch Friedrich von Flotow hat für Paris komponiert, Zilda (UA 1866) kam als einzige 1868 auf die Karlsruher Bühne. Flotows deutsche Erfolgsopern Alessandro Stradella und Martha wurden über Jahrzehnte regelmäßig in Karlsruhe gespielt. Auch für diese Opern, insbesondere Martha, ist eine Rückkehr auf die Bühne des Badischen Staatstheaters überfällig.
1867 gab es Le voyage en Chine von François Bazin.
Charles Gounods Roméo et Juliette (KA 1868) und Faust (1872, damals als Margarethe) waren ebenfalls über Jahrzehnte sehr beliebt, als Rarität gab es Philémon et Baucis (1903)
Kaum noch bekannt: 1872 Les dragons de Villars von Louis Aimé Maillart.
Von Léo Delibes gab es 1874 Le roi l'a dit und dann 1899 Lakmé als Mannheimer Gastspiel und 1907 als Eigenproduktion. In Karlsruhe kombinierte man übrigens Cavalleria Rusticana oder Pagliacci gerne mit Delibes' Ballett Coppélia.
Jaques Offenbach stand ab 1881 in Karlsruhe selten auf dem Programm, denn Operetten wurden als Gastspiele von reisenden Kompagnien gezeigt. Das Hoftheater spielte zuerst 1881 Le mariage aux lanternes, 1890 dann die "conversation alsacienne" Lischen et Fritzchen. 1901 als Gastspiel des Theaters am Gärtnerplatz aus München La belle Hélène, 1903 gab es Hoffmanns Erzählungen, 1905 Orphée aux enfers.
Selbstverständlich Georges Bizet! 1882 gab es die erste Carmen und erlebte in den kommenden Jahrzehnten fast 200 Aufführungen. Carmen wurde Spitzenreiter in der Hitliste französischer Opern, gefolgt von Gounods Faust. 1894 folgte Djamileh. Die Perlentaucher sind nicht belegt.
Ambroise Thomas' Mignon gab es erstmals 1883 und in den kommenden vier Jahrzehnten regelmäßig (ca. 75 Aufführungen).
Hector Berlioz hat eine besondere Verbindung zu Karlsruhe. 1886 gab es Benvenuto Cellini, 1888 Béatrice et Bénédict. 1890 dann die Uraufführung der Trojaner an zwei aufeinander folgenden Tagen, La prise de Troi (06.12.) und Les Troyens à Carthage (07.12.), dirigiert von Felix Mottl. 1891 an einem Tag gespielt, mittags 12 Uhr der erste Teil, um 18 Uhr der zweite (mehr hier). Als hätten die Wagner erprobten Karlsruher nicht genug Sitzfleisch für die kompletten Trojaner!
Dirigent Felix Mottl setzte auch Emmanuel Chabrier auf den Spielplan, 1889 Gwendoline, 1890 folgte Le Roi malgré lui.
1896 spielt man Le Drac (Der Flutgeist) von Paul Joseph Guillaume Hillemacher.
Knapp 20 Jahre nach dem Sieg gegen Frankreich und der Gründung des Kaiserreichs in Versailles scheinen sich dann die Spuren nach Frankreich ein wenig zu verlieren. 1901 gab es die 1898 uraufgeführte Oper Véronique von André Messager, die in Karlsruhe Brigitte genannt wurde; 1909 folgte Les p'tites Michu.
Ebenfalls 1901 als Gastspiel des Münchener Gärtnertheaters gab es die Operette Giroflè-Girofla von Charles Lecocq.
Die in Paris uraufgeführte Oper Bonsoir, Mr. Pantalon des Belgiers Albert Grisar gab es 1903.
Erst 1904 gab es die 1877 uraufgeführte Samson et Dalila von Camille Saint-Saëns.
Jules Massenet wurde in Karlsruhe stark vernachlässigt, 1905 gab es die beiden Einakter La Navarraise und Le jongleur de Notre-Dame kombiniert, Manon folgte erst 1909.
1911 fand Claude Debussy den Weg auf den Spielplan am Hoftheater, und zwar nicht mit Pelléas et Mélisande (UA 1902), sondern mit L'enfant prodigue.
Und verspätet 1929 folgte Louise von Gustave Charpentier (UA 1900), dirigiert vom legendären Josef Krips.
Was könnte kommen?
Der Palazzetto Bru Zane kümmert sich sowohl um unbekannte Werke bekannter Namen also auch um vergessene Komponisten. Betrachtet man die bisherigen Veröffentlichungen scheint als vergessene Oper insbesondere Fausto der Komponistin Louise Bertin eine wahrscheinliche Wahl für Karlsruhe. Das Badische Staatstheater wird wahrscheinlich unter folgenden Neu-Editionen von Bru Zane gewählt haben:
Johann Christian Bach: Amadis de Gaule
Salieri: Les Danaïdes
Sacchini: Renaud
Cherubini: Lodoïska, Les Abencérages
Félicien David: Herculanum
Gossec: Thésée
Grétry: Andromaque
Méhul: Uthal, Adrien
Hérold: Le Pré aux Clercs
Catel: Les Bayadères, Semiramis
Spontini: Olimpie
Louise Bertin: Fausto
Rossini: William Tell
Meyerbeer: La Reine de Chypre, Robert le Diable
Gounod: Le Tribut de Zamora, Cinq-Mars
Saint-Saëns: La Princesse jaune, Déjanire, Phryné, Le Timbre d'argent, Prosperine, Les Barbares
Offenbach: La Vie Parisienne, Le Voyage dans la Lune, Maître Péronilla
Massenet: Grisélidis, Ariane, Le Mage, Thérèse
Godard: Dante
Joncières: Dimitri
César Franck: Hulda
Lalo: La Jacquerie
André Messager: Passionnément, Les P'tites Michu
Reynaldo Hahn: L’Île du rêve, Ô mon bel inconnu
Charles Lecocq: La Fille de Madame Angot
PS: Hallo liebes Badisches Staatstheater, wenn ich einst Rentner und gesund sein sollte, biete ich jetzt schon meine Mitarbeit im Archiv an, um die reiche Aufführungsgeschichte zu erfassen, damit sie umfassend im Internet zugänglich gemacht werden kann.
Lieber Honigsammler,
AntwortenLöschenSalieris „Tarare” wurde 1988 in Karlsruhe aufgeführt. Die Inszenierung besorgte Jean-Louis Martinoty, am Pult stand Jean-Claude Malgoire.
Vielen lieben Dank Her Kraft, meines Wissens wurde auch Méhuls Uthal in den frühen 1980er gespielt, Cherubinis Wasserträger gab es wenige Jahre später. In der Liste sind bestimmt noch weitere Lücken.
LöschenVielen Dank für die informative und spannende Zusammenstellung. Die Wiederentdeckung der totgeglaubten Barockoper ist in den letzten Jahrzehnten gelungen. Das Rokoko bis zur französischen Revolution hingegen ist immer noch etwas für Experten, Gluck und Mozart kennt man, von Salieri hat man gehört, ansonsten sind da kaum zugfähige Namen.
AntwortenLöschenUnd auch die frühe romantische Oper scheint aktuell nicht von Interesse. Die deutschen Opernkomponisten dieser Zeit sind nicht in Mode. An Conradin Kreutzer, Albert Lortzing, Otto Nicolai, Flotow und andere traut sich kaum noch ein Opernhaus. Paris hatte als große Opernhauptstadt der Epoche den Vorteil, über Geld uns Ressourcen zu Verfügung, die eine gewisse Publikumswirksamkeit ermöglicht. Wünschenswert ist in meinem Erachten nicht die Ausgrabung von abseitigen Nebenwerken, sondern die Wiederbelebung der ignorierten Hauptwerke.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ein guter Spielplan ist ausgewogen, von allem etwas, bekannte und unbekannte Werke, alte und neue Opern aus 300 Jahren. Das ist bei den Premieren in dieser Spielzeit gegeben:
Löschen17xx Händel, Lemoyne
18xx: Donizetti, J. Strauß, Mascagni, Leoncavallo
19xx: Ethel Smyth, R. Strauss
20xx: Jonathan Dove
Über die einzelnen Opern kann man dann diskutieren. Es gibt so viele vernachlässigte Werke, daß man über die Entbehrungen klagen könnte, aber gerade in der reichen deutschen Bühnenprogrammatik kann man sich doch eigentlich nur über die Vielfalt freuen. Ob abseitig oder seltenes Hauptwerk - ich bin über alles froh, was ich nicht kenne, lange nicht gehört habe oder besonders schätze.
Gerade beim Barock würde ich gerne aufstocken und die Händel-Festspiele kontrastieren: Lully, Rameau und Vivaldi bzw. Vinci. Beim Rokoko fällt es mir schwerer: neben Mozart hält wenig stand. Auch Singspiele funktionieren i.d.R. für mich nicht, mit Lortzing wurde ich bisher nicht warm, Loriots Inszenierung von Martha hat mich begeistert, Nicolai habe ich noch nie live gehört. Daß der einst viel gespielte Auber kaum noch zu finden ist, überrascht mich bisher nicht. Letztendlich ist die Bühne das Plädoyer für ein Werk. Meines Erachtens gibt es für jeden Stil eine Zeit, vor 70 Jahren war das die Rückkehr des Belcanto, dann des Barock, der nächste Trend ist für mich noch nicht erkennbar.
Wenn man eine Reihe aus den in Karlsruhe einst erfolgreichen französischen Opern erstellen wollte, dann könnte man dem Publikum m.E. folgende Werke erneut vorstellen
Zampa oder Die Marmorbraut, Fra Diavolo, Guillaume Tell, La juive, Die Hugenotten, La favorite. Ergänzen würde ich um Die sizilianische Vesper und Louise.
Wissen Sie vielleicht, ob die mit Lyon angedachte Ko-Produktion des "Guillaume Tell" (Regie: T. Kratzer) noch irgendwie aktuell ist?
LöschenAnsonsten habe ich mit großem Interesse Ihre Aufzählung gelesen. Einige der Palazzo Bru Zane Werke habe ich live gehört (Dante, Cinq-Mars, Griselidis, Andromaque, Hulda, Fausto), aber die wenigsten empfand ich als wirklich überzeugend, da könnte ich dankend drauf verzichten...
Zu Kratzers Inszenierung habe ich keine Kenntnis, wenn mir jemand von Operndirektion oder Dramaturgie begegnet, werde ich nachfragen.
LöschenIch erwarte keine Überraschungen von der Zusammenarbeit mit Bru Zane. So begrüßenswert Raritäten und Ausgrabungen sind, die meisten verschwinden danach wieder auf lange Zeit. Ich mag bspw. Massenet, aber wenn schon Massenet, dann bitte eine der wirklich interessanten Opern, Esclarmonde, Thaïs oder Don Quichotte, die es wahrscheinlich noch nie in KA gab, und nicht die komplett unbekannten. Ich will bei der Produktion erkennen können, warum man ein Werk erwählt hat. Mittelmaß mittelmäßig zu präsentieren - das würde ich nicht verstehen.
Toller Überblick mit überraschend vielen Werken, vielen Dank für Ihre Mühe!
AntwortenLöschenVielen Dank, es war keine Mühe, vielmehr Neugierde an graukalten Tagen, unterstützt durch GG Spätburgunder.
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