Mittwoch, 31. Dezember 2025

Rokokotheater Schwetzingen: Steffani - Der in seiner Freiheit vergnügte Alcibiades, 30.12.2025

Die Heidelberger Oper präsentiert im Rahmen ihres zum 19. mal stattfindende Festivals Winter in Schwetzingen in dieser Spielzeit die 1693 in Hannover uraufgeführte Barockoper La libertà contenta von Agostino Steffani, und zwar in einer deutschen Fassung, die für die Hamburger Oper 1697 von Gottlieb Fiedler erstellt wurde: Der in seiner Freiheit vergnügte Alcibiades erwies sich als unterhaltsam und hörenswert.

Agostino Steffani (*1654  †1728) hatte eine sehr bewegte Laufbahn, bei der als Komponist, katholischer Geistlicher und Diplomat tätig war. In Italien geboren, in München musikalisch ausgebildet, erst als Knabe im Hofkapellchor, dann als Musikstudent, der sich in Rom und Venedig fortbildete, und zuletzt als Hofkapellmeister, danach Opernkapellmeister in Hannover, wo er auch später auf Händel getroffen sein soll. Sogar in Heidelberg war Steffani: Der pfäl­zi­sche Kur­fürst Johann Wilhelm soll ihn für zwei Jahre zum Rektor der dor­ti­gen Uni­ver­si­tät berufen haben. Diplomatische  Missionen führten ihn u. a. nach Brüssel, Versailles und Rom. 2012 erschien bei Decca unter dem Titel Mission eine CD von Cecilia Bartoli, auf der ausschließlich Arien Steffanis zu hören sind. Die Krimi-Autorin Donna Leon schrieb nicht nur im Beiheft zu Mission einen Text zum geheimnisvoll-spannenden Leben Steffanis, sondern verarbeitete ihr Rechercheergebnisse auch in dem Roman Himmlische Juwelen. Im Rahmen der Händel Festspiele 2005 konnte man in Karlsruhe Steffanis Oper Alarico als Gastspiel hören.

Die Oper spielt zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs und erzählt ein Liebes- und Intrigenspiel zwischen Athen und Sparta. Im Zentrum steht der aus Athen verbannte Feldherr Alcibiades, der sich unerkannt im feindlichen Sparta aufhält.​ Alcibiades lebt dort inkognito, als sich ausgerechnet Timea, die künftige Braut des spartanischen Königs Agis, in ihn verliebt. Gleichzeitig wird die athenische Prinzessin Aspasia von den Spartanern gefangen genommen und gibt sich als Sklavin Doriclea aus, um nicht erkannt zu werden.​ Agis und dessen Feldherr Lisander beginnen, um Aspasia zu werben, während ihr Verlobter Pericles verzweifelt in Sparta nach ihr sucht. Auch Alcibiades fühlt sich zu Aspasia hingezogen, wodurch das barockübliche Geflecht aus heimlichen Begierden, Eifersucht und Täuschungen entsteht.​ Aus politischen Fronten werden persönliche Rivalitäten, Versprechen werden gebrochen, Intrigen gesponnen und Loyalitäten auf die Probe gestellt - ein typisches barockes Handlungsgeflecht. 

Die Inszenierung konzentriert sich auf einen minimalistischen Innenraum -den Gefühls- und Beziehungskosmos der Figuren- und ein zeitloses Maskenspiel. Weiß geschminkte Gesichter, einheitlich helle Kostüme mit gelegentlich roten oder schwarzen Elementen und uniformen Schuhen, helle Vorhänge und die Drehscheibe kommen zum Einsatz: man dreht sich buchstäblich im Kreis und das kunstvoll stilisiert: alle Figuren sind präsent, können interagieren oder sich belauschen und körperlich die musikalischen Rhythmen aufnehmen; Auch die Musikerinnen des Orchestergrabens dürfen mal mitspielen. Das ist oft humorvoll gelungen, nur das typische barocke glückliche Ende wird gebrochen, eine fallende Rückwand und wabernder Kunstnebel mögen nicht richtig wirken. Das historisch informiert spielende ca. zwanzigköpfige Philharmonische Orchester Heidelberg musiziert farbig und  temperamentvoll. Bereits die Ouvertüre weckt Vorfreude, Melodien und Arien fehlen zwar die Pracht Händelscher Beredsamkeit, doch die vokale Darbietung hält die emotionale Spannung des Intrigen- und Liebesgeflechts überzeugend aufrecht. Die durchweg jungen Sänger agieren engagiert und zeigen eine homogene Leistung. Schwetzingen ist auch in dieser Spielzeit eine schöne Einstimmung auf die Händel Festspiele.

Besetzung und Team
Alcibiades, ein athenischer Feldherr: Stefan Sbonnik
Telamides, des Alcibiades Vertrauter: Ipča Ramanović
Agis, König von Sparta: Fritz Spengler
Timea, eine spartanische Prinzessin: Dora Pavlíková
Lisander, der Spartaner Feldherr: Jakob Kleinschrot
Pericles, ein Staatsmann aus Athen: Aleksey Kursanov
Aspasia, eine athenische Prinzessin: Amber Fasquelle

Philharmonisches Orchester Heidelberg
Musikalische Leitung: Clemens Flick
Regie: Tom Ryser
Bühne und Kostüme: Stefan Rieckhoff
Licht: Andreas Rehfeld